Erbach im Taunus wurde bereits im Jahre 768, im ersten Jahr der Regentschaft Karl des Großen, erstmalig urkundlich erwähnt. Die urkundlichen Anfänge der Pfarrkirche St. Mauritius gehen auf eine Kapelle zurück, die um 1100 erstmalig Erwähnung fand. Über dieser Kapelle entstand im Mittelalter der noch heute bestehende mächtige Glockenturm – Wahrzeichen des Ortes.

Der ursprünglich wohl als Wehrturm dienende Turm trägt unter seinem Dachstuhl seit Anfang 1700 das Geläute. Sowohl die ursprünglichen Glocken als auch das Folgegeläut wurden 1917 bzw. im März 1942 beschlagnahmt und eingeschmolzen. Die Spendenfreudigkeit der Erbacher Gemeindemitglieder machte es möglich, bereits 1949 das heutige Geläut neu aufzustellen. Es wurde am Patronatsfest 1949 feierlich gesegnet: die Mauritius-Glocke (fis’, 660 kg), die Muttergottes-Glocke (h’, 291 kg), die Josefs-Glocke (c’, 390 kg) und die kleine Georgs-Glocke (cis’’, 200 kg), die die Tageszeit und den Tod eines Gemeindemitgliedes verkündet.

 

Die heutige Kirche nach den Plänen vom Kirchenarchitekten Prof. Peuser erbaut, wurde am 27.Sept. 1970 nach 2jähriger Bauzeit durch Weihbischof Walther Kampe eingeweiht. Nur wenige Elemente im neuen Kirchenraum erinnern an die Vorgängerkirche (1820-1968): der Marienaltar, die Statuen von Herz-Jesu, St. Josef, St. Antonius und St. Anna in der neuen Marienkapelle sowie von St. Mauritius und St. Georg an der rückwärtigen Wand und das Kruzifix des ehemaligen Hochaltares an der vorderen Wandpartie des Kirchenraumes. Von den Fenstern der alten Kirche blieb nur das St. Georgfenster von der alten Sakristei, heute ebenfalls in die Sakristei integriert, und das St. Aloisiusfenster, ein Halbfenster über einem der alten Beichtstühle. Es wurde neu gefasst und ist seit 2004 an der rechten Wand hinten im Innenraum angebracht.

 

Das Einmalige, Besondere in unserer Pfarrkirche St. Mauritius ist so alltäglich, dass es kaum mehr bewusst wahrgenommen wird. Es ist der durchschaubare Tabernakel! Er bildet eine Einheit mit dem über 6 Meter breiten großfigürlich, abstrahierten Wandrelief, das Christus in Mitte seiner Gemeinde darstellt. Von ihm aus gehen in figürlichem Hochrelief die Verbindungen zu den Menschen, zur Pfarrgemeinde. Dabei wird der Tabernakel mit einbezogen. Er vermittelt in verdichteter Form durch seine durchsichtigen Wände diese Frohbotschaft. Um diese Besonderheit gebührend zur Geltung kommen zu lassen, wurde absichtlich der Altarraum konzeptionell von Bildern und Skulpturen frei gehalten. Sowohl die Ausführung in Aluminium-Gussmaterial von Altarmantel und Ambo mit Altarkreuz als auch das Wandrelief mit Tabernakel ist ein Werk von Evert Hofacker aus Koblenz. Das Besondere unseres Tabernakels wird bewusst, wenn man sich die üblichen nach dem römischen Rituale künstlerisch ausgestalteten Tabernakel vergegenwärtigt: sie sind würdig ausgeschmückt, aber allseitig geschlossen und innen auch mit einem ‚Conopeum’ (Vorhang) ausgestattet. Bei der Gestaltung des Erbacher Tabernakels hat der Künstler im Sinne des Zweiten Vaticanum sicherlich den spirituellen Wunsch von Pfarrer Paul Klein – einen innigen Verehrer der Eucharistie – umgesetzt, das Allerheiligste sichtbar in die Mitte der Betenden zu rücken. Das ist sozusagen sein unausgesprochenes Vermächtnis. Um dies zu verwirklichen, bedurfte es einer höchstkirchlichen Sondergenehmigung, weil die geplante Ausführung mit durch- sichtigen Seitenwänden und Tür einen liturgisch rituellen Präzedenzfall bedeutete. Erst nachdem diese Genehmigung durch das Bischöfliche Ordinariat mit Schreiben vom 27. Mai 1970 dem Verwaltungsrat vorlag, konnte dem Künstler der Auftrag erteilt werden, seinen Planungsentwurf auszuführen. Nach seiner Fertigstellung am 26. September 1970 - am Vortag der Kirchweihe! - wich die zunächst vorherr schende Skepsis einer großen Anerkennung dieses künstlerischen Gesamtwerkes von Evert Hofacker Möge diese einmalige Gestaltung des Tabernakels zu einer innigeren Beziehung der Beter zum eucharistischen Geheimnis unseres Glaubens führen.

(Dr. Bruno Plancher)